In der Frühzeit des Buddhismus dachte man immer, dass man die Buddhaschaft nur durch die Begegnung und den Empfang der Lehre direkt von einem Buddha erlangen könnte. Buddhaschaft war etwas grundsätzlich

unverständliches, der Weg dorthin unmöglich zu finden, wie eine verschlungene Route auf den höchsten aller Berggipfel. Von unten betrachtet, aus der Entfernung, scheint der Weg noch klar (Theorie) zu sein. Am Berg jedoch ist dieser Pfad plötzlich zerklüftet und anscheinend unbeschreitbar (Praxis). Es brauchte also mindestens die Erfahrung des Erstbesteigers (Buddha Shakyamuni), der einem versichern konnte: Ich war schon da, es ist möglich, ich komme dir vom Gipfel aus entgegen, reiche dir die Hand und führe dich dorthin. Dann blieb aber immer noch, dass Shakyamuni es als erster und alleine geschafft hatte, das machte ihn außergewöhnlich, und als Anhänger bleib man eben vom 'Bergführer' abhängig. Folgende Probleme:

1. Der Buddha stirbt irgendwann.
2. Die Person des Erstbesteigers wird überhöht - eigentlich ist jeder ein Erstbesteiger. Das ist aber schwer zu glauben, daher wird ...
3. ... Buddhaschaft immer noch als etwas exotisches wahrgenommen, das zwar irre toll, aber weit weg ist (d.h. außerhalb).

Diese Probleme werden im Lotos-Sutra im Gleichnis des guten Arztes beschrieben. Die Lösung: Der Arzt (Buddha) lässt eine Medizin nach seinem Tode zurück, d.h. ein Mittel, das die Illusion vertreibt, die Buddhaschaft sei außerhalb zu finden.

In Wirklichkeit stellt die Buddhaschaft den Gipfel der Möglichkeiten unseres eigenen Lebens dar. Das Problem des Zweifels an unseren Möglichkeiten bleibt, aber durch das Mittel, die zurückgelassene Medizin wurde der Blickwinkel entscheidend verändert. (Mit dem Mittel muss man sich selbst auseinander setzen und kann nicht mehr dem Buddha nachlaufen.)

Dieses Mittel beschreibt Nichiren Daishonin als Wahres Objekt der Verehrung, mit dem man sein Herz (Leben) in der Zeit nach dem Tod des Buddhas reinigen kann (jap.: Nyorai Metsugo Kanjin no Honzon).

Das bedeutet, der Gohonzon ersetzt sozusagen die Anwesenheit der 'Institution Buddhas', dem man ja alles glauben kann, sogar, dass man einmal selber Buddha sein wird.

Nichiren manifestierte sein Leben, seine Vitalität in Form eines Schriftmandalas. Darauf wiedergegeben ist die im Lotus Sutra beschriebene Zeremonie in der Luft über dem Adlergipfel, eine Zeremonie, die seit damals nicht endete und sich immer noch weiter fortsetzt.

Der Gohonzon manifestiert etwas abstraktes, er zeigt die Wahrnehmung des Buddhas aus seinem Lebenszustand heraus: Alle Funktionen des Universums vibrieren im Rhythmus des Gesetzes, offenbaren ständig die höchste, positive Wahrheit des Lebens an sich und aus sich selbst heraus. Alles Leben auf diesem Planeten verschmilzt zu einer nicht enden wollenden Zeremonie, dem Preisen des Gesetzes, der Hinwendung des Lebens zum eigenen Ursprung, zur eigenen Identität.

Die Gohonzons, die wir z.B. in Deutschland zu Hause haben ober in den Kulturzentren, sind zum größten Teil Kopien eines Gohonzons, der vom Hohepriester Nichikan am 13. Juni 1720 eingeschrieben wurde. Sie sind sozusagen Manifestationen eines idealen Gohonzons, der jedem Menschen innewohnt. Nichtren schreibt: "Suchen sie den Gohonzon niemals ausserhalb Ihrer selbst. Der Gohonzon ist nur im sterblichen Fleisch von uns gewöhnlichen Menschen zu finden."

Nichiren schrieb "sein Leben", d.h. den Ausdruck seines Lebenszustandes in Form des Gohonzons ein, - nicht als Verehrobjekt seiner Persönlichkeit, sondern als Begegnung mit dem Buddha, der in der Einheit von Person und Umgebung dem Chantenden ein Leuchtfeuer seines Berggipfels entzündet. Das heißt, die Tat der Verehrung des Gesetzes (Daimoku), die Hinwendung an das Gesetz in Form des Gohonzons (Honzon) führen zur Verschmelzung von Person und Umgebung. Die Person wird Buddha und der Ort der Praxis wird zum Buddhaland, zum Hochheiligtum der Verehrung (Kaidan), der sich überall dort manifestiert wo zum Gohonzon gechantet wird. Diese drei esoterischen (verborgenen) Gesetze fand Nichiren zwischen den Zeilen Lotus-Sutras.


von Michael

 

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