Gäste-Versammlung 7.12.2016

 

Es gibt im Buddhismus das Beispiel des Mondes, der sich in einem Teich spiegelt oder auf der Oberfläche des Wassers in einem Eimer. Das bedeutet im übertragenden Sinne: Die umfassende Wahrheit des Lebens spiegelt sich immer in der subjektiven Wirklichkeit des Individuums.

Der Mond steht für die objektive Wahrheit des Lebens, die Reflektion für die subjektive Wirklichkeit des Menschen. Ich spiegele die Wirklichkeit, aber der Wind kräuselt die Oberfläche des Teiches und es ergibt sich kein klares Bild, sondern ein verwackeltes, verzerrtes, aus dem man keinen Mond erkennen kann.

In diesem Sinne ist der Gohonzon wie ein klarer, unbewegter Spiegel, der die höchste Form unseres Seins darstellt. Das Beispiel des Spiegels stammt aus der Gosho 1 'Über die Verwirklichung der Buddhaschaft in diesem Leben'. Und genau das ist es, worum es im Buddhismus geht: Sein eigenes, höchstes Potential zu erkennen. Den Wert des Lebens an sich zu spüren und in anderen Menschen sehen zu können. Wir betrachten unser Leben im Spiegel des Gohonzons. Wenn wir den Gohonzon verehren, dann verehren wir unsere eigene 'Buddha-Möglichkeit'. Wir sind ja (noch) kein Buddha, aber wir könnten es sein. Wollen wir das wirklich? Mit welcher Absicht praktizieren wir zum Gohonzon?

Der ursprüngliche Gohonzon ist in uns! Eigentlich sind wir das Objekt der Verehrung. Dieser innere Gohonzon ist das Original - und der geschriebene Gohonzon ist die Kopie. Warum brauchen wir eine Kopie? Weil wir vergessen haben, welchen Wert und welche Würde wir in uns tragen. Nichiren vergleicht das mit einem Juwel, dass im Saum eines Mantels eingenäht wurde, und von dem der Besitzer des Mantels nichts mehr weiß. Deshalb hat Nichiren uns eine schriftliche Ermutigung hinterlassen, in der steht: "Du bist Buddha! Schöne Grüße Nichiren!" Oder: "Durch Deine Widmung öffnet sich wie eine Lotos-Blüte das Erkennen, dass alles Leben die Buddhaschaft besitzt! Glaub' das mal lieber! Dein Nichiren"

Das Leben selbst ist das Objekt der Verehrung und das Leben selbst ist universell. Das ist kein Gott, es ist eine Energie, die alles durchdringt und immer weiter etwas hervorbringen will. Das ist alles, woraus wir bestehen, unsere Gedanken, unsere Worte und Taten. Alles ist Leben, alles ist Nam-Myoho-Renge-Kyo. Der wunderbare Wert des Lebens betrifft uns selbst, so wie auch unsere Mitmenschen, unsere Umgebung, das ganze Universum. Das wussten wir mal, haben es aber vergessen. Mit dem Chant von Nam-Myoho-Renge-Kyo rufen wir diese Erinnerung in uns wach und mit dem Gohonzon haben wir einen schriftlichen Beweis des Buddhas vor uns.

Im Gongyo rezitieren wir: 'Nyo se in, nyo se en, nyo se ka, nyo se ho', das bedeutet, dass in jedem Lebewesen bestimmte Verhaltensmuster oder Lebenszustände potentiell vorhanden sind. Durch eine äußere Ursache werden Lebenszustände aktiviert. Wir freuen uns über etwas, wir ärgern uns über etwas. Über etwas Äußeres. Ärgern geht ganz leicht, haben wollen auch. Freuen ist schon schwieriger. Buddhaschaft ist die höchste Lebenskunst, aber auch sie braucht einen äußeren Anlass. Es ist unser Daimoku, dass wir mit dem Mund chanten und mit den Ohren hören und der Anblick des Gohonzons, mit dem unsere Augen chanten.

 

Von Michael

 

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